Compliance im Einkauf bezeichnet die systematische Sicherstellung der Einhaltung von Gesetzen, Richtlinien und unternehmensinternen Verhaltenskodizes innerhalb aller Beschaffungsprozesse. Sie umfasst Maßnahmen zur Vermeidung von Regelverstößen und rechtlichen Risiken sowie zur Wahrung ethischer Standards in Lieferantenbeziehungen, wodurch die Integrität der Beschaffungsprozesse geschützt und das Unternehmen vor Korruption, Betrug sowie Reputationsschäden bewahrt wird.
Die Compliance-Thematik hat sich im Einkauf in den letzten Jahrzehnten erheblich weiterentwickelt. Vor etwa zehn Jahren konzentrierte sich Compliance im Einkauf primär auf die Vermeidung von Absprachen mit bevorzugten Partnern, Bestechung sowie das sogenannte Maverick Buying – Einkäufe, die außerhalb der offiziellen Einkaufsabteilung getätigt werden. Heute umfasst Compliance im Einkauf ein deutlich breiteres Spektrum an Anforderungen.
Der Einkauf nimmt als zentrale Schnittstelle zwischen internen Abteilungen und externen Lieferanten eine Schlüsselposition in der Wertschöpfungskette ein. Diese Position bringt besondere Verantwortung mit sich, da hier zahlreiche Compliance-Risiken entstehen können. Durch die zunehmende Regulierungsdichte auf nationaler, europäischer und globaler Ebene gewinnt Compliance für den Einkauf stetig an Bedeutung. Unternehmen müssen sicherstellen, dass alle Mitarbeitenden im Einkauf die gesetzlichen Vorschriften einhalten, um rechtliche Konsequenzen und existenzgefährdende Sanktionen zu vermeiden.
Die Einhaltung von Compliance im Einkauf trägt wesentlich dazu bei:
Im modernen Einkauf umfasst Compliance mehrere Kernbereiche, die jeweils spezifische Anforderungen und Herausforderungen mit sich bringen:
Die Digitalisierung spielt eine entscheidende Rolle für ein effektives Compliance-Management im Einkauf. Traditionelle, manuelle Compliance-Prozesse stoßen angesichts der zunehmenden Komplexität regulatorischer Anforderungen und globaler Lieferketten an ihre Grenzen.
Moderne SRM-Systeme (Supplier Relationship Management) bieten umfassende Funktionalitäten zur Unterstützung von Compliance-Prozessen im Einkauf:
Ein integriertes SRM-System, das Einkauf und Compliance miteinander verknüpft, ist keine bloße technologische Investition, sondern eine strategische Entscheidung für langfristigen Erfolg. Durch die Konsolidierung von Daten aus ERP-Systemen und Office-Anwendungen schaffen diese Lösungen Transparenz auf Knopfdruck und ermöglichen eine fundierte Entscheidungsgrundlage für die Lieferantenentwicklung.
In der Vergangenheit erfolgten Compliance-Prüfungen im Einkauf hauptsächlich manuell. Einkaufsmitarbeiter überprüften Lieferanten und Verträge auf Compliance-relevante Aspekte, häufig mithilfe von Checklisten und papierbasierten Verfahren. Der Informationsaustausch fand per E-Mail oder Fax statt, und die Dokumentation wurde in physischen Ordnern archiviert. Dieser Ansatz war zeitaufwendig und anfällig für menschliche Fehler. Zudem erschwerte die dezentrale Datenhaltung die Transparenz und das schnelle Reagieren auf Compliance-Verstöße.
Moderne Unternehmen setzen hingegen auf digitale Compliance Management Systeme (CMS), die folgende Vorteile bieten:
Ein gelungenes Beispiel für die Umsetzung eines modernen Compliance-Managements im Einkauf liefert das Unternehmen Harro Höfliger. Das Unternehmen stand vor der Herausforderung, steigende regulatorische Anforderungen wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und den CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) effizient zu bewältigen.
Harro Höfliger sah sich mit komplexen Lieferketten und einer Vielzahl von Zulieferern konfrontiert. Die manuelle Umsetzung von Compliance-Anforderungen stieß an ihre Grenzen, insbesondere hinsichtlich:
Um diese Herausforderungen zu bewältigen, implementierte Harro Höfliger eine zentrale SRM-Plattform, die Einkauf und Compliance intelligent miteinander verbindet. Das Unternehmen verfolgte dabei einen schrittweisen Ansatz:
Durch die Einführung der zentralen SRM-Lösung konnte Harro Höfliger folgende Verbesserungen erzielen:
Die erfolgreiche Implementierung von CBAM und LkSG hat Harro Höfliger eine solide Basis für zukünftige Anforderungen geschaffen. Das Unternehmen ist nun gut gerüstet für kommende Regulierungen wie die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) oder das EU-Lieferkettengesetz (CSDDD).
Ein weiteres Beispiel für erfolgreiche Compliance-Implementierung im Einkauf bietet Continental Automotive. Das Unternehmen setzte sich zum Ziel, 100% Compliance im Einkauf sicherzustellen.
Continental Automotive stand vor der Aufgabe, regelkonforme Prozesse im Einkauf zu etablieren und dabei die Effizienz der Beschaffungsprozesse nicht zu beeinträchtigen. Das Unternehmen benötigte eine Lösung, die:
Continental Automotive entschied sich für eine Sourcing-Lösung, die Einkaufsorganisationen eine optimale technologische Basis für die Einführung regelkonformer Prozesse bietet. Das Unternehmen erkannte, dass ein passendes Tool nur ein Teil der Lösung ist und implementierte die Software konsequent in die Einkaufsprozesse.
Der Implementierungsansatz umfasste:
Durch die konsequente Implementierung der Sourcing-Lösung konnte Continental Automotive folgende Ergebnisse erzielen:
Diese Fallbeispiele zeigen, dass erfolgreiche Compliance im Einkauf eine Kombination aus geeigneten technologischen Lösungen, klaren Prozessen und einer entsprechenden Unternehmenskultur erfordert.
Compliance im Einkauf ist in der heutigen komplexen Beschaffungslandschaft nicht mehr nur eine Pflichtaufgabe zur Vermeidung rechtlicher Risiken, sondern ein strategischer Erfolgsfaktor. Durch die Integration von Compliance-Prinzipien in den Beschaffungsprozess können Unternehmen Risiken reduzieren, faire Wettbewerbsbedingungen gewährleisten und nachhaltige Geschäftsbeziehungen aufbauen Die zunehmende Regulierungsdichte auf nationaler und internationaler Ebene sowie die wachsenden Anforderungen an Transparenz und Nachhaltigkeit in der Lieferkette machen ein systematisches Compliance-Management im Einkauf unerlässlich. Moderne SRM-Systeme, die Einkauf und Compliance miteinander verbinden, bieten Unternehmen die Möglichkeit, diese Herausforderungen effizient zu bewältigen und gleichzeitig die strategische Rolle des Einkaufs zu stärken. Für Einkaufsleiter bedeutet dies, Compliance nicht als Hindernis, sondern als Chance zu begreifen – als Chance, durch Transparenz, Integrität und Nachhaltigkeit in der Beschaffung langfristige Wettbewerbsvorteile zu erzielen und das Unternehmen vor rechtlichen und reputationsbezogenen Risiken zu schützen.